umstrittene, kritisierte Ergebnisse, bleibende Probleme und notwendige Veränderungen 

Die Kritik an den Ergebnissen der Tarifrunden 2022/23, insbesondere des öffentlichen Dienstes (Bund und Kommune) kam erwartbar und postwendend von der „linken Seite“. Beispielhaft sei das Flugblatt/Infoblatt der „Münchner Gewerkschaftslinken“ zitiert, in dem schon in der Überschrift deutlich gemacht, bzw. behauptet wird: „Es wäre mehr drin gewesen!“ Ob Letzteres stimmt, davon später.

Richtig ist: „Das Ergebnis des Tarifkampfes im öffentlichen Dienst bedeutet Reallohnverlust!“ Nicht nur im öffentlichen Dienst (betroffen sind 2,9 Millionen Beschäftigte) wäre zu ergänzen. Wie war nun die Forderung, wie das Ergebnis? Gefordert waren 10,5 % tabellenwirksame Entgelterhöhungen, mindestens aber 500 Euro/Monat bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Dem gegenüber steht ein „Schlichtungsvorschlag“ von einem „Inflationsausgleich“ von 4.000 Euro, davon zunächst 1.240 Euro, mit dem Juni-Entgelt ausgezahlt, dann von Juli 2023 bis Februar 2024 monatlich 220 €, die nicht tabellenwirksam sind. Ab März 2024 soll dann auf einen (tabellenwirksamen) Sockelbetrag von 200 Euro, eine Erhöhung von 5,5%, mindestens 340 Euro/Monat kommen. In Geld ausgedrückt hat der Schlichtungsspruch für ausgewählte Tätigkeiten folgende Wirkung:

Die Geltungsdauer eines so gestalteten TV soll zwei Jahre betragen, vom 1. 1. 2023 bis 31.12. 2024. Führende Funktionär*innen von ver.di empfahlen die Annahme des Schlichtungsspruches als Tarifabschluss und „verkaufen“ diesen Spruch als „vernünftigen“ Kompromiss. Und geschichtsvergessen verkündet der ver.di-Vorsitzende Frank Wernecke, dass es sich bei diesem Ergebnis um das höchste Ergebnis in der Geschichte des öffentlichen Dienstes handelt. Dass 1974 unter dem damaligen ÖTV-Vorsitzenden Heinz Kluncker, nach einem dreitägigen Streik vor allem der Müllwerker*innen eine Lohnerhöhung von 11 Prozent durchgesetzt wurde, vergessen und verdrängt? Oder wird so etwas behauptet, weil es damals noch keine ver.di gab, in der die ÖTV aufging? Diese Schönrechnerei und Schönrednerei ist wohl das, was viele Beschäftigte und nicht nur oft selbsternannte Linke auf die „Palme bringt“. „Tue Gutes und rede darüber“, und: „Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg!“ heißt es. Was aber, wenn es nichts Gutes oder einen Erfolg gibt? Ihn herbeireden und herbeischreiben? Mit so einem Vorgehen handelt man sich den Vorwurf der Verlogenheit und Unehrlichkeit ein. Da können die Ergebnisse noch so kompliziert abgefasst sein, wie in zahlreichen TV, rechnen können die Leute und erkennen, dass der Spruch keinen wirklichen Inflationsausgleich bedeutet, geschweige denn die (geringe) Produktivitätssteigerungsrate berücksichtigt, oder gar den jahrelangen Reallohnverlust durch eine „Umverteilungskomponente“ ausgleicht! Was in der Tariftabelle noch einen Inflationsausgleich gerade für die unteren Entgeltgruppen suggeriert, sieht anders aus, wenn eingerechnet wird, dass die tabellenwirksame Entgelterhöhung erst ab März 2024 gilt. Bis dahin gilt noch die alte Tabelle.

Das beschriebene Verhalten behindert auch die notwendige Erläuterung, warum Tarifkämpfe geführt werden (müssen), wie sie ablaufen, welche Faktoren für Erfolg und Misserfolg maßgebend sind. Der Unmut wird noch gesteigert durch Unklarheit und Widersprüche über die notwendige Urabstimmung (wer darf abstimmen, ist die benötigte Zustimmung von mehr als 70% zu einem Ergebnis noch zeitgemäß und notwendig, wie werden die Möglichkeiten oder Unmöglichkeiten eines „Erzwingungsstreiks“ eingeschätzt, wie ist die öffentliche Meinung?).

Die Tarifrunden 2022/23 waren zumeist reine Entgeltrunden, gekennzeichnet durch die Versuche die Entgeltrückstände vor allem der „Corona-Zeit“ und die gestiegene und wie zu erwarten weiter steigende Inflationsrate zu kompensieren. Allerdings interpretierte Heinz Bierbaum, Vorsitzender der Rosa-Luxemburg-Stiftung, gerade die Tarifrunde im öffentlichen Dienst „(…) als weit mehr als eine reine Lohnrunde“ (25.4.2023). Grund ist wohl weniger die Forderung für den öffentlichen Dienst als die gelungene Einbeziehung von großen Teilen der Umwelt- und Klimabewegungen und der Beteiligung anderer Gewerkschaften, wie der EVG, an von ver.di ausgerufenen Warnstreiks. Abgestimmte Streiks mehrerer Gewerkschaften und Einbezug anderer gesellschaftlicher Gruppen, ein Fingerzeig für zukünftige Tarifrunden?! Nicht vergessen werden darf, dass es gelang, großes Verständnis und Sympathien für Forderungen und Streiks bei großen Teilen der Bevölkerung zu wecken.

 

Die IGBCE legt vor

 

Begonnen wurde die Tarifrunde mit der für die chemische Industrie 2022 für ca. 580.000 Beschäftigte durch die IGBCE. Gefordert wurde eine tabellenwirksame Entgelterhöhung von 10,5% ab 1.6.2023, bei einer Laufzeit des TV von 12 Monaten. Eine Umsetzung der Forderung wurde nicht erreicht, aber es gab eine Neuerung bei dieser Tarifrunde: Einen „Teilabschluss“ am 5.4.2022. Vereinbart wurde eine „Brückenzahlung“ von 1.400 Euro. Am 18.10.2022 gab es einen (Voll-)Tarifabschluss 2022: ab 1.1.2023 3,25%, weitere 3,25% ab 1.1.2024, also 6,5% Erhöhung der Entgelte in der Tabelle, aber erst ab Anfang nächsten Jahres! Um die Inflationswirkungen auf die Entgelte auszugleichen und den Anforderungen des Gesetzgebers Genüge zu tun wurde ein (nicht tabellenwirksamer) „Inflationsausgleich“ von 3.000 Euro in zwei Teilzahlungen à 1.500 € vereinbart, die erste erfogt spätestens am 31.1.2023 und die zweite spätestens am 31.1.2024. Die lange Laufzeit des TV (20 Monate) bis 30.6.2024 setzte sich auch beim neuen Entgelt-TV der IGM fort.

 

Die IGM feiert sich nach dem Tarifabschluss

 

Die IGM forderte eine tabellenwirksame Entgelterhöhung von 8 % bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Trotz großer Beteiligung an den von der IGM ausgerufenen Warnstreiks (nach Angaben der IGM haben fast 1 Mio. Metaller*innen teilgenommen) wurde ein aus mehreren Komponenten bestehender TV mit einer Laufzeit von 27 Monaten (bis 30.9.2024) abgeschlossen. Vereinbart wurden 5,2 % ab Juni 2023 und weitere 3,3 % tabellenwirksame Erhöhungen ab 4/2024. Natürlich gleicht diese 8,5prozentige, tabellenwirksame Erhöhung der Entgelte die bereits eingetretenen und erwarteten Einkommensverluste durch die Teuerungen insbesondere von Nahrungsmitteln und Energie nicht aus. Auch daher wurden steuer- und sozialabgabenfreie, nicht tabellenwirksame „Inflationsausgleichsprämien“ beschlossen. Nämlich: 1.500 Euro Inflationsausgleichprämie bis Februar 2023 und dann weitere 1.500 Euro bis Februar 2024. Ob zutrifft was Jörg Hoffman in der IGM-Mitgliederzeitung 01/02 2023 schrieb: „Die Beschäftigten haben deutlich mehr Geld in der Tasche – und zwar dauerhaft“, ist strittig. Deutlich ist auf jeden Fall die lange Laufzeit des TV von 27 Monate, die von allen betrachteten TV längste.

 

ver.di bei der Deutschen Post AG: Durch Festbetrag „profitieren“ die unteren Entgeltgruppen überproportional

 

Eine (zu) lange Laufzeit weist auch der neue Entgelt-TV bei der Deutschen Post AG für ca. 160.000 Beschäftigte auf. Erstmals wurde aber die Forderung der Erhöhung der Tabellenentgelte durch einen Festbetrag von jeweils 340 Euro durchgesetzt, was die unteren Entgeltgruppen, in denen sich die meisten Beschäftigten befinden, besonders „gratifiziert“. Für dieses Ergebnis brauchte es aber nicht nur Warnstreiks sondern eine durch Urabstimmung abgesicherte (Erzwingungs-)Streikandrohung. Die Deutsche Post AG mit ihrem über 8 Mrd. Euro Gewinn im letzten Jahr, fand wie andere Kapitalisten die Forderung von ver.di „zu hoch“ und „aus der Zeit gefallen“. Die Forderung lautete 15 % Entgelterhöhung, mindestens 340 Euro im Monat, 12 Monate Laufzeit des neuen Entgelt-TV. Letzteres konnte nicht durchgesetzt werden, oder wurde der Durchsetzung anderer Forderungen „geopfert“, bzw. für sie eingetauscht. Das Ergebnis letztlich: Ab April 2004 gibt es für alle Entgeltgruppen einen tabellenwirksamen Festbetrag von 340 €/Monat (dies entspricht in den unteren Entgeltgruppen 1 – 3 einer Erhöhung von 16,1 % bis 11 %). Ohne nicht tabellenwirksamen Inflationsausgleich scheint es zurzeit nicht zu gehen. Auch im Entgelt-TV der Deutschen Post AG wurde vereinbart: Ab 1.4.2023 eine „Inflationsausgleichs-Sonderzahlung“ von 1.020 Euro und von Mai 2023 bis März 2024 eine monatliche „Inflationsausgleichssonderzahlung von 180 €. Nun wissen wir, dass inflationsmindernde Sonderzahlungen sowohl das Steueraufkommen schmälern und die Sozialversicherungen, sie nicht tabellenwirksam sind, sich also z. B. nicht auf die Rentenhöhe auswirken werden. Anders gesagt: Wir zahlen diese „Sonderzahlungen“ zum Teil –Umverteilung in der Klasse? Gerade jüngere Beschäftigte denken weder an Rente noch machen sie sich bewusst wie sich Sozialversicherungen finanzieren und wer ihre Leistungen und deren Höhe hauptsächlich bestimmt. An Lauterbachs Ministerium denken da die wenigsten. Sie sehen vor allem, dass sie momentan mehr Geld bekommen und so die Inflation (vermeintlich) kompensieren können. Das beeinflusst natürlich auch das Urabstimmungsergebnis, zeigt aber auch, wie es um die Bildung bestellt ist.

 

Bei Handel-TV nicht viel zu erwarten

 

Fehlt von den großen Branchen noch der Handel (Groß- und Außenhandel – GAH und Einzel- und Versandhandel – EH): Während es im GAH um ca. 1,2 Mio. Beschäftigte geht, sind im EH fast 3 Mio. Beschäftigte betroffen, vor allem Frauen, viele alleinerziehend, in Teilzeit oder befristet, eben oft prekär beschäftigt. Ergebnisse gibt es noch nicht, sie werden für 2024 erwartet. In der Branche gibt es zwar große Unternehmen/Konzerne (Mit großen Gewinnen gerade in und nach der „Corona-Krise“ und großem Einfluss auf die Politik in der Branche), aber zumeist kleine Betriebe/Betriebsstätten. Hinzu kommt ein niedriger Organisationsgrad in Gewerkschaften und der Umstand, dass viele Unternehmen und Betriebe gar nicht an Tarifverträge gebunden sind. Die Organisation im „Arbeitgeberverband o.T.“ (Abk. für “ohne Tarifvertrag“) ist im EH besonders hoch. Die Durchsetzung gewerkschaftlicher Forderungen ist an die glaubhafte Drohung der Unterbrechung und/oder Verwertung der Mehrwertproduktion gebunden. Das beschränkt in Teilen die Handlungsmacht von ver.di im Handel, speziell im EH. Hier wird die Forderung aufgestellt, die Gruppenentgelte um 2,50 Euro/Stunde anzuheben bei einer Laufzeit des Entgelt-TV von 12 Monaten und den TV allgemeinverbindlich zu machen. Die Entgeltforderung entspricht oft dem gesetzlichen Mindestlohn bzw. dem erwarteten. Letztlich ist das ein weiterer Anruf der Politik, da man sich zu schwach wähnt, oder es ist, die grundgesetzlich gesicherte Tarifautonomie wirklich auszuüben.

 

Jubel ist nicht angebracht

 

Die Tarifverhandlungsergebnisse bringen zumeist keinen tabellenwirksamen und damit nachhaltigen Inflationsausgleich. Auch die „neuen“ Entgelt-TV sind damit ein Teil der Fortsetzung der Umverteilung von unten nach oben. Die Auseinandersetzung, die „Suche“ nach einem Kompromiss im Tarifkampf sagt indirekt aus, es könnte mit dem Lohnsystem ein nachhaltiger Frieden gemacht werden, wenn nur starke Gewerkschaften dafür sorgen.

Aber zurück zum Anfang. „Wäre mehr drin gewesen?“, fragt die „Münchner Gewerkschaftslinke“. Die Antwort ist ja, wenn bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden können oder vorhanden sind: Große Teile der betroffenen Beschäftigten sind bereit (auch länger) zu streiken und eventuell lange Zeit mit dem geringeren Streikentgelt auszukommen, den psychischen Druck der Arbeitgeber und der Medien auszuhalten und der nicht direkt betroffenen Bevölkerung (bspw. Kitanutzer*innen, Patient*innen). Und nicht zuletzt: Ist die Streikkasse der Gewerkschaft voll genug? Außerdem: Können Verbündete innerhalb und außerhalb der Gewerkschaft mobilisiert werden? Und: Kann ein „unterbrochener“ Streik wieder aufgenommen werden, und wann ist der richtige Zeitpunkt?
Zwar ist unstrittig, dass wir Gewerkschaften brauchen. Aber verlieren sollten wir dauerhaft nicht! Ist die „Trinitarische Formel“ (TF) (Inflationsrate + Produktivitätssteigerung + Umverteilungskomponente) noch handlungsleitend? Die TF ist statuarisch nicht verpflichtend wird aber empfohlen und zumeist angewandt, vor allem für die Berechnung der Forderungshöhe, wohl aber nicht für den Abschluss. Dass die seit Jahren bestehende Umverteilung und die Entgeltverluste auch in den letzten Tarifrunden nicht aufgehalten werden konnten, sind aber leider nicht die einzigen Probleme.

 

Alte Probleme bleiben

 

Seit Jahren verzeichnen die Gewerkschaften einen teils erheblichen Mitgliederschwund. Die Streiks des letzten Tarifkampfes haben den Trend zwar umgedreht, aber ist das auch nachhaltig? Unter dem Mitgliederverlust leidet auch nicht zuletzt die Durchsetzungskraft der Gewerkschaften. Hinzu kommt die schwindende Tarifwirksamkeit, also die kontinuierliche Abnahme der Beschäftigten/Betriebe, die unter einen TV fallen. Gerade Branchen-TV sind auf dem Rückmarsch und die Zahl der Haus-TV wächst an. Einen Haus-TV durchzusetzen und weiterzuentwickeln erfordert aber vermehrten „Häuserkampf“ – und widerspricht der Überwindung der Konkurrenz der abhängig Beschäftigten untereinander, und der überbetrieblichen Solidarität. Ebenso nehmen nicht rechtssichere Betriebsvereinbarungen (BV) (siehe bspw. §§ 77 (3), 87 (1) Betriebsverfassungs-Gesetz) zu TV-Regelungspunkten zu. Betriebsräte (BR) sind zunehmender Behinderung ausgesetzt, die Verhinderung von BR lässt sich das Kapital viel kosten. BR werden auch zunehmend als Ersatz und nicht Anlauf- bzw. Außenstelle der Gewerkschaften angesehen. Dafür tragen auch die Gewerkschaften selbst ein gerütteltes Maß an Verantwortung. Immer mehr Dinge, die vormals durch TV geregelt wurden, werden zunehmend durch TV-offene Regelungen auf die BR übertragen, die sie durch Betriebsvereinbarungen (Öffnungsklauseln) ausfüllen sollen. Vor den negativen Auswirkungen auch auf die Tarifautonomie hat bereits1987 das Bundesarbeitsgericht (BAG) gewarnt („Werden materielle Arbeitsbedingungen nicht durch den Tarifvertrag selbst geregelt, die Regelungsbefugnis vielmehr auf die Parteien eines Betriebs verlagert, ist dies mit erheblichen Gefahren für die Tarifautonomie verbunden.“).

Auch ist seit längerem zu verzeichnen, dass die Bereitschaft und Möglichkeiten Funktionen in Gewerkschaften zu übernehmen schwinden. Und gerade jüngere Menschen sind der Meinung Gewerkschaften seien staatliche Institutionen und nicht Selbsthilfe-Organisationen.
Gewerkschaften sind nicht hauptsächlich „Entgeltmaschinen“ und auch kein ADAC zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Einer solchen Sichtweise wird Vorschub geleistet, wenn Gewerkschaftsfunktionär*innen suggerieren, etwas für und eben nicht mit den Beschäftigten tun zu können.
Das Wissen darum, dass Gewerkschaften ein Mittel zur Führung des Klassekampfs sind, ja dass es sich bei abhängig Beschäftigten (auch die meisten „Clickworker“ gehören dazu) zumindest um eine „Klasse an sich“ handelt, ist vielfach nicht mehr präsent und wird nicht (mehr, oder unzureichend) vermittelt. Es scheint als haben Gewerkschaften endgültig ihren „Frieden“ mit dem Kapitalismus gemacht. Zu fragen ist ebenfalls, ob die TV und Organisation der Gewerkschaften heute noch zeitgemäß sind.

 

Kündigungen halten eine notwendige Umorientierung nicht auf!

 

Einer, der scharfe Kritik an der gegenwärtigen Politik und Struktur von ver.di übt und Vorschläge für die Restrukturierung und gewerkschaftliche Arbeit insbesondere in Handel und Logistik macht, der Bundesfachgruppenleiter Einzel- und Versandhandel, Orhan Akman, der auch für den ver.di-Bundesvorstand kandidieren will, wurde gekündigt. Ein fatales Signal! Eine Gewerkschaft, die gegen Kündigungen in der Arbeitswelt kämpft, ergreift nun selbst dieses Mittel gegen einen Kritiker. Noch beschämender, wenn ein bürgerliches Arbeitsgericht ver.di darauf hinweisen muss, dass sowohl die Kündigung wie auch die nachgeschobene Versetzung nicht haltbar sind, und sie zurückgewiesen hat. In einer Zeit, in der sich Unternehmen und Konzerne über regionale und Branchen-Grenzen hinweg ausdehnen und organisieren bedarf es einer ebensolchen darauf bezogenen Tarifpolitik, die auch die abhängigen Beschäftigten über regionale und Branchen-Grenzen hinweg zu mobilisieren vermag. Gewerkschaftliche Organisationsstrukturen müssen dafür umgebaut werden, auch um mehr Teilhabe der Mitglieder zu ermöglichen. Auch dies ist ein zentraler Bestandteil einer „Organizing Kampagne“!

Gewerkschaften sollten sich nicht nur auf „Verbesserung“ der Arbeitsbedingungen konzentrieren, sondern das Wirtschaftssystem und seinen Zweck im Blick behalten und immer wieder betonen (lehrreich die Schrift: „Lohn – Preis – Profit“, die früher zur Grundausstattung in der gewerkschaftlichen Bildung gehörte). Es sollte auch Gewerkschaften klar sein: Wer die Gebrauchswerte schafft, sollte auch darüber entscheiden was, wieviel und unter welchen Bedingungen dies geschieht!

 

Frank Rehberg