Wenn man sie nicht kennen würde, seine Sozialdemokraten, dann könnte ja ein Fünkchen Hoffnung aufkeimen. Dass das Denken über die aktuelle Regierung hinaus in der SPD doch noch möglich ist. Dass die Aufrüstungsorgie in Europa nicht das letzte Wort sein kann, ehe es zum allerletzten Wort wird. So könnte man das „Manifest“ der SPD-Linken lesen, in dem Unmut geäußert wird über die forschen Ansagen des Bundeskanzlers, wonach sich die Ukraine endlich „verteidigen“ könne, weil die Weitenbegrenzungen bei den gelieferten Waffen des Westens aufgehoben seien. Die geplanten Stationierungen neuer US-Mittelstreckenraketen machten Deutschland zum Ziel der ersten Stunde und die aufgeblähten Rüstungshaushalte von 3,5 oder 5% des BIP seien irrational. Den Kopf aus der Deckung nahmen bei der SPD Ralf Stegner, Mützenich und noch weitere einschlägig Verdächtige. Alles Leute, deren treue Partei- oder Regierungsdienste schon Vergangenheit sind. Alles Ältere, Genossinnen und Genossen, denen umgehend von allen Seiten, innerhalb wie außerhalb der Partei, von den Medien in großer Zahl, Realitätsverweigerung und Illoyalität gegen die Parteispitze attestiert wurden. Pflichtgemäß lassen sich die ausrangierten Kräfte für ihre Widerworte abwatschen und Klingbeil erhält damit die Gelegenheit, die Diskussion frühzeitig wieder einzufangen, um den Boden für einen erfolgreichen Rüstungsparteitag zu bereiten. Sollte es an der SPD-Basis also tatsächlichen, nennenswerten Unmut über die Politik der eigenen Partei geben oder gegeben haben, wird der Opposition schon mal die Spitze abgebrochen. Die alten Kärner haben ihre Aufgabe erfüllt.

Wie gesagt, man kennt die Sozialdemokratie halt zur Genüge und weiß, dass ein Noske bei der SPD immer besser aufgehoben war und ist als ein ernsthafter Rüstungsgegner.

Das Stockholm International Peace Research Institute hat im April die weltweiten Ausgaben für Rüstung 2024 veröffentlicht. Keine Überraschung, neuer Weltrekord.

Über 2700 Milliarden US-Dollar flossen in die Tötungsindustrien und die USA sind dabei die unbestrittene Nummer 1. Weit über ein Drittel der weltweiten Ausgaben werden dort in den militärisch-industriellen Sektor gelenkt, weit, weit vor China und Russland. Das wehrlose und chronisch unterfinanzierte NATO-Europa steckt aktuell übrigens mehr Geld in die Rüstung als China und Russland zusammen. Die Bundeswehr ist inzwischen die unangefochtene Nummer 4 in der Welt, was ihre Finanzausstattung betrifft. Und die Regierung exportiert Waffen, fast 6% des weltweiten Exportvolumens, und von Beschränkungen, was Krisen- oder Kriegsgebiete angeht, kann längst keine Rede mehr sein. Je heißer die Krisen und Kriege, desto deutscher die Waffen. Das sind dann die Realitäten, von denen Pistorius weniger oft und gerne spricht.

 

Den Schwerpunkt der Sommernummer 2025 bildet die Aufarbeitung unseres Maiseminars in München. Dort hatten wir drei schwergewichtige Themenbereiche vorgestellt und zur Diskussion gestellt. Die Referenten sind mit ihren Texten unterschiedlich verfahren. Der Beitrag zur Innenpolitik ist fast unverändert abgedruckt. Dabei wird die Auseinandersetzung mit dem Wahlergebnis im Februar bis zur Einigung auf die Regierungsbildung von CDU/CSU und SPD als Fortschreibung der sich verändernden gesellschaftlichen Ordnung in der BRD gesehen. Weniger spektakulär als in Ungarn, Polen oder Italien, aber doch kontinuierlich und mit deutlichen Auswirkungen auf die Klassenverhältnisse in Deutschland.

 

Trump und der Rechtspopulismus“ hat, ausgehend von der Diskussionsgrundlage beim Seminar, die größten Veränderungen erfahren. Der Referent hat seinen Beitrag wesentlich vertieft und erweitert, es ist ein neuer Grundlagenartikel entstanden.

Darin wird der Durchdringung westlicher Demokratien mit rechtem Gedankengut unterschiedlicher Herkunft und Intensität nachgegangen, die bislang noch mit dem Arbeitsbegriff „Rechtspopulismus“ beschrieben wird. Dass der Begriff weder Trennschärfe noch fassbaren Inhalt bereithält, war allen Teilnehmerinnen klar. Doch die Erarbeitung der Basis dieser Politikkonzepte ist notwendige Voraussetzung, um die Begrifflichkeit zu schärfen. Das Kapitel „Trumps Wirtschafts- und vor allem Zollpolitik“ wird ebenfalls überarbeitet und erscheint in der Herbstnummer.

 

Das Thema „Israels ewiger Krieg“, das den ursprünglich angedachten Beitrag zum Krieg in Gaza erweiterte, diente in Auszügen als Basis einer vertieften Auseinandersetzung. Referent Georg Auernheimer hat uns dankenswerterweise den kompletten Text zur Verfügung gestellt, den wir in dieser Nummer dokumentieren.

Er versucht dabei, die eskalierende Gewalt nicht als bloßes Kontinuum zu sehen, sondern Eskalationsstufen zu unterscheiden. Die tragenden Kräfte der Gewalt zwischen den beiden Völkern sollen besser identifizierbar werden, Verantwortung soll deutlicher benannt werden können. Dass sich damit an der heute zu konstatierenden Ausweglosigkeit nichts ändert, weil kein diskussionsfähiger Vorschlag im Raum steht, -vielmehr unter den gegebenen Umständen gar nicht denkbar ist-, ist bitter.

 

Eine Bringschuld haben wir noch aufzuarbeiten. In der letzten, der Frühjahrsnummer 2025, sollte ein Beitrag erscheinen, der sich mit der Macht der Reichen und Schönen auseinandersetzt. Der neue Armuts- und Reichtumsbericht von Oxfam ist Grundlage dieser Untersuchung, die, über die bloßen Vermögenszahlen hinaus, die zunehmende Macht von Milliardären und ihre unmittelbaren Eingriffe in die Gesellschaften unter die Lupe nimmt. Aus Platzgründen mussten wir die Veröffentlichung auf die gegenwärtige Ausgabe verschieben.

Es bleibt noch Zeit und Gelegenheit, den Leserinnen und Lesern der Arbeiterstimme zu danken für ihr Interesse an einer unabhängigen, nur der Klasse und ihren Interessen verpflichteten Stimme. Viele von Euch haben uns seit Beginn des neuen Jahres finanziell unterstützt. Viele von Euch sollten es noch und weiterhin tun, denn wir sind dringend darauf angewiesen.

 

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