In einem politischen Programm im Fernsehen drei Tage nach Labours Wahldesaster am 12. Dezember übernahm John McDonnell die volle Verantwortung und entschuldigte sich. Er fuhr fort, es sei „höchstwahrscheinlich Zeit, einen Kandidaten, der nicht aus der Hauptstadt kommt“, zum Parteiführer zu wählen, einen aus dem Norden. Er spielte damit auf Rebecca Long Bailey an, die den Wahlkreis Salford (in der Nähe von Manchester) im Parlament vertritt. Er lobte auch Angela Raynor, ebenfalls eine sozialistische Frau aus der Arbeiterklasse, die aus der selben Gegend stammt. Es war so ein Desaster für McDonnell, zu realisieren, wie realitätsfremd im Verhältnis zu den traditionellen Anhängern von Labour die hauptstädtische Elite war.

Die Blair-Anhänger und die Medien geben Corbyn die Schuld für die Niederlage und sie sprechen sich für eine Rückkehr zu einer rechten Politik aus. Aber es war nicht das linke Wahlmanifest von Labour, das die Wähler vor den Kopf stieß, sondern der Rückzug vom Brexit. Von den Tories hörte man nur „Get Brexit Done“. Die Reaktionen von einigen Leuten um Corbyn auf die Beschuldigungen bezüglich des Antisemitismus waren nicht hilfreich. Die Suche nach Kompromissen und die Entschuldigungen machten diese Behauptung erst glaubwürdig. Die Offensive gegen Corbyn und Labour begann schon, kurz nachdem er zum Parteiführer gewählt worden war. Sie wurde von den Rechten bei Labour und konkurrierenden Parteien ausgenutzt sowie von Propagandisten für die Taten Israels. Die Untersuchungen durch die Partei ergaben, dass für weniger als 0,1 % der Mitglieder, die antisemitischer Kommentare beschuldigt worden waren, diese aufrecht erhalten wurden. Parteisprecher hätten auf die Anklagen antworten können, indem sie auf diese Zahlen hingewiesen hätten. Sie hätten berichten können, dass ein angemessener Prozess installiert worden war, all diese Behauptungen zu untersuchen. Der antizionistische Autor Norman Finkelstein aus den USA regte an, dass Labour eine „Rebuttal Unit“ (Widerlegungs-Einheit) hätte einrichten sollen, um auf die Unterstellungen zu antworten. Die ständigen Entschuldigungen ermutigten nur die Kräfte, die Corbyn in Misskredit bringen wollten. Sie werden erst zufrieden sein, wenn die Kritik am Zionismus und an den Taten Israels zum Schweigen gebracht ist.

Von den sechs Parlamentariern, die ihre Kandidatur für die Führung von Labour angekündigt hatten, sind bereits drei im Verlauf des Prozesses ausgeschieden. Clive Lewis, der sich aus Corbyns Schattenkabinett zurückgezogen hatte und der gegen den Brexit ist, war der erste. Dann kam Jess Phillips, der dauernd Corbyn in den Medien angriff. Es folgte Emily Thornberry, Corbyns Nachbarin in Islington South (er selbst lebt in North), die ständig ein zweites Referendum vorschlug und sich gegen den Brexit wehrte. Keiner von ihnen erhielt genügend Unterstützung von den örtlichen Parteiorganisationen. Es bleiben also noch Lisa Nandy, Sir Keir Starmer und Rebecca Long Bailey, die die nötige Unterstützung erhielten.

Nandy, die Tochter eines sehr bekannten indischen Marxisten, die selbst aber eine zentristische Position vertritt, stammt aus dem Norden und unterstützt den Brexit. Starmer war ein Bürgerrechtsanwalt, bevor er schließlich „Director of Public Prosecutions“ (Leiter der Anklagebehörde) wurde. Für seine Verdienste im Justizwesen wurde er geadelt. Er war am Coup des Schattenkabinetts gegen Corbyn beteiligt, war gegen den Brexit und favorisierte ein zweites Referendum, bei dem er sich für einen Verbleib (Remain) aussprechen würde. Sollte er gewinnen, würde sich die Labour Party in Richtung politische Mitte bewegen. Long Bailey wird in den Medien als eine Frau beschrieben, die die Politik Corbyns fortsetzen würde. Sie ist Sozialistin und stammt aus der Arbeiterklasse. Ihr Wahlkreis ist Salford (bei Manchster). Ein großer Teil des Wahlmanifestes von Labour stammt aus ihrer Feder.

In dieser Woche haben die Parteimitglieder von Labour mit der Stimmabgabe begonnen. Bei der Wahl zum stellvertretenden Parteivorsitzenden gibt es eine Reihe von exzellenten sozialistischen Kandidaten: Angela Raynor und Richard Burgon kommen beide aus dem Norden, ebenso wie Dawn Butler; alle sind Corbyn gegenüber loyal. Übrigens hat Gordon Brown, der letzte Premierminister von Labour, am letzten Wochenende in Newcastle zu einer „Allianz des Nordens“ aufgerufen, um das Vereinigte Königreich zu reformieren. Schottland solle sich mit dem Norden Englands verbinden, um die Macht aus den reichen Gegenden wie London zu verlagern. Er ist gegen die Unabhängigkeit von Schottland. Wir leben in „interessanten Zeiten“, wie Eric Hobsbawn in seiner Denkschrift bemerkte.

m.j. (25. 2. 2020)