Spätestens seit der „Corona-Krise“ ist auch hierzulande ein Begriff in aller Munde: Homeoffice: Arbeiten von zuhause aus.

Das nicht alle von zuhause aus arbeiten können ist evident: die (auch physikalisch notwendige) technische und organisatorische Gestaltung des Arbeitsplatzes ermöglicht das nicht. Gedacht sei z.B. an Arbeitsplätze in Pflegeheimen und Krankenhäusern, oder an die, die Handys bauen. Die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten muss immer noch direkt am Ort der Produktion anwesend sein, um Mehrwert zu erwirtschaften, auch in Zeiten eines tödlichen Virus (sie sind „systemrelevant“, einige werden gar beklatscht). Natürlich gibt es Abstandsregelungen und die Aufforderung die Hygieneregeln einzuhalten, aber geht das auch, wird das ermöglicht? Es gibt einen weiteren Grund, warum Homeoffice für viele nicht geht: Sie haben in ihrer Wohnung weder den geforderten Platz, noch die erforderlich Ausstattung; von einer (wenigsten zeitweisen) „Ungestörtheit“ zu schweigen. Und ein weiterer Grund spricht gegen eine massenhafte Verbreitung, der gerade auch von zahlreichen Beschäftigten gewünschten, und vom DGB als gesetzlichen Anspruch geforderte Arbeit im Homeoffice: Mit ihm soll augenscheinlich auch ein gesellschaftlicher Missstand individuell ausgeglichen werden, z.B. fehlende Kitaplätze (trotz rechtlichem Anspruch). Sie könnten ja durch die Betreuung der Kleinen zuhause (durch v.a. Frauen - sic!) bei gleichzeitiger Erbringung der Arbeitsleistung kompensiert werden. Das Kitas keine Verwahranstalten für ganz junge Menschen sind, um den Eltern Berufstätigkeit zu ermöglichen, das wird gerne übersehen. Aber nicht nur das: Wer definiert die (geforderte und erbrachte) Arbeitsleistung? Ein Gesetz gibt es dazu nicht (und auch keine allgemein verbindliche Regelung, was Arbeitsleistung eigentlich ist), auch keinen schlüssigen Tarifvertrag und schon gar keine ausreichenden Formulierungen in den ohnehin nicht rechtsfähigen, aber zunehmenden Betriebsvereinbarungen. Mögliche Kostensenkungen durch weniger Arbeitsplätze im Betrieb seien nur am Rande erwähnt.

Kleine Menschen brauchen u.a. andere kleine Menschen, um zu wachsen, und Arbeit ist eine gemeinschaftliche Angelegenheit, nicht nur abstrakt, sondern zumeist ganz konkret. In der Arbeit von zuhause aus lauert also auch die Gefahr der Isolierung, die Gefahr der Auflösung gesellschaftlicher Bezüge von Arbeit. Das wirkt sich schon jetzt auch negativ auf die „Arbeitsleistung“ aus, wie Zeitungen und Arbeitgeber (bedauernd) berichten. Vielleicht kommt uns das in der Diskussion und die Auseinandersetzung um Homeoffice entgegen. Aber mit Zustimmung zu dieser Argumentation würden wir die Hegemonie des Kapitals über die Definition und Festlegung einer „Arbeitsleistung“ indirekt akzeptieren. Dialektik lauert eben überall!

Sie lebt auch in der Forderung und Akzeptanz der Arbeit von zuhause durch viele Beschäftigte und der Arbeitgeber. Letztere sehen darin und in der „Corona-Krise“ die Chancen, Arbeitszeitregelungen und Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetz, des Arbeitsschutzgesetz und der Arbeitsstättenverordnung zu ihren Gunsten zu verändern. „Klatschen statt Tarifverträge!“ Erstere glauben mit Homeoffice dem zunehmenden Leistungsdruck zu entkommen, und hoffen die oft beschworene „work-life-balance“ zu erreichen (wodurch ist sie denn aus dem Gleichgewicht gekommen?), gesellschaftliche Probleme ohne Konflikt zu lösen, ohne das System nicht grundsätzlich und nachhaltig ändern zu müssen.

Die Diskussion und Auseinandersetzung um Homeoffice ist eröffnet, nicht erst jetzt!

 

Zum Weiterlesen:

Schwarzbach, Marcus (2020): Homeoffice: Vom Traum zum Alptraum?, isw-wirtschaftsinfo 56, München, Februar 2020,

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